Spital Oberengadin beantragt Nachtragskredit bei den Trägergemeinden

Stark steigende Kosten bei leicht sinkenden Erträgen haben im Spital Oberengadin im vergangenen Geschäftsjahr zu einem grossen Verlust geführt. Der Stiftungsrat der Stiftung Gesundheit Oberengadin (SGO) beantragt deshalb bei den Trägergemeinden einen Nachtragskredit in Höhe von fünf Millionen Franken. Bis Ende Jahr sollen die Eignerstrategie und das Leistungsangebot überprüft und mögliche Kooperationen evaluiert werden.

Wie in vielen Schweizer Spitälern hat sich auch im Spital Oberengadin die Schere zwischen Kosten und Erträgen im vergangenen Geschäftsjahr weiter geöffnet. Während die Inflation, steigende Energiepreise und der Fachkräftemangel an breiter Front zu signifikant höheren Kosten führten, stecken die Tarife auf tiefem und nicht kostendeckendem Niveau fest. Hinzu kamen wegfallende Covid-Sondereffekte, die fortschreitende Ambulantisierung, geringere Abgeltungen gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch den Kanton sowie Abschreibungen und hohe Zinskosten im Zusammenhang mit der kürzlich abgeschlossenen Gesamtsanierung des Spitals. Die vielen Faktoren drücken die SGO in die roten Zahlen. In der Summe resultierte 2023 ein Verlust von mehr als fünf Millionen Franken.

Breites Leistungsangebot ist über die Tarife nicht finanziert

«Die integrierte Gesundheitsversorgung, bestehend aus einem Spital, den Alterszentren und einer Spitex, wie sie die SGO im Oberengadin heute anbietet, entspricht der für die Regionen vorgesehenen Strategie des Kantons Graubünden», sagt SGO-Verwaltungsratspräsident Prof. Dr. Gian A. Melcher. «Sie trägt massgeblich zur Standortattraktivität bei und ist für ein lebenswertes Tal und einen funktionierenden Tourismus unabdingbar.» Ein breites Leistungsangebot über alle Lebensphasen hinweg, wie es aktuell besteht und wie es für die Region und die angrenzenden Südtäler eine umfassende und qualitativ hochstehende Grund- und Notfallversorgung darstellt, könne aber allein über Tarifeinnahmen nicht mehr finanziert werden, so Melcher.

Der finanzielle Ausblick bleibt vor allem für das Spital düster. Die strukturellen Herausforderungen dürften auch in den kommenden Jahren bestehen bleiben. Für ein Regionalspital wie das Spital Oberengadin, welches in der Grund- und Notfallversorgung tätig ist und hohe Vorhalteleistungen etwa für den Betrieb eines 24-Stunden-Notfallzentrums, einer Geburts- und Kinderklinik und einer Intensivpflegestation (IPS) erbringt, ist es im aktuellen wirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Umfeld nicht möglich, nachhaltig zu wirtschaften. Erschwerend kommt hinzu, dass der Betrieb naturgemäss grossen saisonalen Schwankungen ausgesetzt ist: die Zahl potenzieller Patientinnen und Patienten schwankt je nach touristischer Auslastung zwischen 20'000 und mehr als 100'000. «Das Leistungsangebot des Spitals stellt einen integralen Bestandteil der Infrastruktur dar, wie sie für unsere Tourismusregion wünschenswert – wenn nicht sogar überlebenswichtig – ist, denn die topographisch abgeschiedene Lage des Engadins bedeutet weite Transportwege bis ins nächste Zentrumsspital, und diese sind wetterbedingt nicht immer gesichert », sagt Melcher.

Vorgaben für die Kreditfinanzierung

Aufgrund der finanziellen Herausforderungen des Spitals haben Verwaltungsrat und Stiftungsrat der SGO entschieden, bei den elf Trägergemeinden einen Nachtragskredit in der Höhe von fünf Millionen Franken zu beantragen. Eine entsprechende Botschaft zuhanden der Gemeinden wurde anlässlich der Stiftungsratssitzung vom 13. Februar verabschiedet. Der Entscheid in den einzelnen Gemeindeorganen muss bis im Juni gefällt werden. «Diese Zwischenfinanzierung ist notwendig, um den Betrieb zu sichern», erläutert Stiftungsratspräsident Christian Brantschen. Die SGO ist im Rahmen der Kreditfinanzierung durch die Geldgeber zu einem Eigenfinanzierungsgrad von mindestens 50 Prozent verpflichtet. Diesen Wert erreicht die SGO nur durch zusätzliche finanzielle Mittel von den Trägergemeinden. Ohne Zwischenfinanzierung könnten Kredite nicht mehr bedient werden. Die Liquidität würde zum Problem und die Fortführung der Unternehmenstätigkeit des Spitals Oberengadin wäre ernsthaft gefährdet.

Lenkungsausschuss prüft künftige Ausrichtung

Parallel zum politischen Prozess hat die SGO eine detaillierte Überprüfung der längerfristigen strategischen Ausrichtung des Spitals initiiert. Der Stiftungsrat hat bereits organisatorische Massnahmen getroffen und einen Lenkungsausschuss eingesetzt, welcher das Leistungsangebot kritisch analysiert und Möglichkeiten der Kooperation mit anderen Spitälern, insbesondere mit dem Kantonsspital Graubünden, evaluiert. «Das Oberengadin kommt zudem nicht um die Frage herum, wie die wohnortsnahe Gesundheitsversorgung in Zukunft aussehen soll – und wie viel man sie sich kosten lassen will», sagt Stiftungsratspräsident Christian Brantschen. Diese Diskussion muss unter Einbezug von Politik und Bevölkerung in allen Trägergemeinden geführt werden.» Bis im Sommer 2024 dürfte der Bericht des Lenkungsausschusses vorliegen, auf dessen Basis die Diskussion allenfalls auch eine Vernehmlassung in den Oberengadiner Gemeinden durchgeführt werden kann.

 

Kontakt     

Herr Prof. Gian Melcher
Verwaltungsratspräsident SGO

 

Herr Christian Brantschen
Stiftungsratspräsident SGO

 

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